Montag, 24. Juni 2019
Smart Cars sind immer besser in der Lage, untereinander, mit dem Fahrer und der Umwelt zu kommunizieren. Diese Entwicklung wird nicht nur das Fahren selbst revolutionieren, sondern schafft auch neue Spielregeln im Schadenfall. Wollen Kfz-Versicherer im Segment Connected Mobility weiter eine Rolle spielen, müssen sie jetzt die Weichen für die Zukunft stellen.
Dieser Gastartikel ist in der Ausgabe 6-2019 des Cash Magazins erschienen.
Sven Krüger, Eucon CEO: „Wollen die Versicherer im Geschäftsfeld Connected Mobility mitspielen, müssen sie die Weichen heute stellen.“
Das vernetzte Fahrzeug ist auf Deutschlands Straßen angekommen. Ob Car Finder, Fehlercode-Diagnosen oder Unfalldienste – Hersteller integrieren schon heute software-basierte Echtzeit-Dienste in die Fahrzeuge, um die sich wandelnden Kundenbedürfnisse besser zu erfüllen. In Zukunft werden noch deutlich mehr intelligente Realtime-Services im Auto zur Verfügung stehen, die das Fahren sicherer, schneller, stressfreier und ressourcenschonender machen. Wollen Versicherer den Anschluss nicht verlieren, müssen sie aktiv werden und sich auf die neuen Mobilitätskonzepte einstellen. Denn ihre Kunden erwarten künftig vergleichbare Serviceerlebnisse in „Echtzeit“, wenn sie einen Kfz-Schaden haben und den Versicherer über den Umfang informieren.
Ein Schadenfall ist der wohl kritischste Moment in der Beziehung zum Versicherten. Kunden erleben dabei aus erster Hand, wie schnell, fair und unbürokratisch ihr Versicherer sie im Notfall unterstützt. Mit zunehmender Vernetzung steigen auch die Erwartungen an den Service: Wenn Echtzeit-Fahrzeugdaten und Wartungsinformationen selbstverständlich zur Verfügung stehen, ist nicht mehr nachvollziehbar, dass Kunden mehrere Tage auf die Regulierung und Bearbeitung eines Kfz-Schadens warten müssen. Für die Assekuranz heißt das: Der Prozess von der Erstmeldung eines Schadens bis zur Regulierung muss signifikant einfacher, schneller, transparenter und kundenfreundlicher werden. Digitalen Technologien kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.
Die manuelle Prüfung von Schadendokumenten durch Experten ist zeit- und kostenintensiv. Gerade bei einem hohen Schadenaufkommen können lange Bearbeitungs- und damit Wartezeiten für den Versicherten die Folge sein. Neue Technologien werden die Spielregeln im Schadenmanagement von Grund auf verändern und aus dem Schadenfall ein smartes Serviceerlebnis werden lassen. Autofahrer brauchen zunehmend nur noch Fotos eines Schadens sowie Einzelheiten zum Unfall digital an ihren Versicherer übermitteln und werden bereits wenig später über die Höhe des Schadens informiert. Die Mehrzahl der Fälle wird künftig in kurzer Zeit, oft in wenigen Stunden, bearbeitet werden können. Damit haben Versicherer nicht nur einen wirksamen Hebel, um Kosten zu senken und Aufwände zu optimieren, sondern auch ein echtes Service-Argument beim Kunden. Insbesondere der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) wird die Art und Weise, wie Schäden in Zukunft reguliert werden, revolutionieren.
Schon heute können KI-basierte Systeme den Sachbearbeitern im Schadenmanagement einfache, sich wiederholende Aufgaben abnehmen, und sie bei Klassifizierung, Routing und Prüfung von Dokumenten unterstützen. Mithilfe künstlich-intelligenter Systeme und der damit möglichen Analyse enormer Datenmengen lassen sich Schadenprozesse theoretisch bis zur vollständigen Dunkelverarbeitung automatisieren. Für Versicherer eröffnet KI enorme Chancen, um bei steigendem Wettbewerbsdruck wirtschaftlicher, effizienter und kundenorientierter zur arbeiten. Trotz der enormen Bedeutung und Leistung der Systeme, bleibt spezialisiertes Expertenwissen jedoch auch weiterhin unabdingbar.
Ein KI-System lernt zunächst einmal anhand von Trainingsdaten aus abgeschlossenen Fällen und Beispielen. Mit diesen Grundkenntnissen kann es in Zukunft eingehende Dokumente automatisch verarbeiten. Wird ein Dokument nicht richtig erkannt, wird es nachträglich durch einen Experten bewertet, der die Informationen vervollständigt und sie aktualisiert dem KI-Modell zur Verfügung stellt. Nur wenn die Daten kontinuierlich qualifiziert werden, wird das System in der Lage sein, Regeln zu generieren und Muster zu erkennen – und neue Eingaben selbständig zu verarbeiten und zu verstehen. Fachliches und prozessuales Wissen wird neben der geeigneten Technologie über den Erfolg entscheiden. Die erforderlichen Kompetenzen können sich einzelne Player zunehmend über Kooperationen und Netzwerke erschließen.
Insellösungen wird es in Zukunft nicht mehr geben. Die exponentiell ansteigende Vernetzung im Geschäftsfeld Connected Mobility sowie die branchenübergreifende Nutzung von Daten eröffnen völlig neue Perspektiven. Gerade im Schadenmanagement kann die intelligente Nutzung von Mobilitätsdaten wichtige neue Erkenntnisse über Kunden und Prozesse liefern und so den Anbietern helfen, Effizienz- und Servicepotenziale zu heben. Einzeln für sich alleine werden Kfz-Versicherer aber die Chancen nicht nutzen können, die sich daraus ergeben; der Trend geht zur Vernetzung aller involvierten Parteien über digitale Ökosysteme. Bereits heute entstehen im Zusammenspiel von Versicherern, Insurtechs und Dienstleistern neue Geschäftsmodelle und Serviceleistungen. Dabei zählen Branchen-Erfahrung, Technologieexpertise und Datenintelligenz zu den Kernkompetenzen im erfolgreichen Schadenmanagement.
Auf dem Weg zum voll digitalen End-to-End-Prozess stehen Versicherern heute bereits moderne Instrumente zur Verfügung, die den Schadenprozess zielgerichteter steuern und unnötige Prozessschritte vermeiden können. Ein Beispiel ist die Produktlinie Smart Claims, die im Zuge langjähriger Zusammenarbeit mit Versicherern entstanden ist und auf umfassender Daten- und Technologie-Expertise basiert. Verschiedene Produkt-Bausteine sorgen einzeln oder in Kombination dafür, dass der gesamte Schadenprozess Schritt für Schritt transformiert wird.
Zu Beginn hilft eine mobile Lösung dem Versicherungsnehmer, seine Schadenmeldungen strukturiert und digitalisiert an den Versicherer zu übermitteln. Die eingehenden Schadenfälle können über einen intelligenten Posteingang klassifiziert werden – unabhängig von Eingangskanal, Dokumentenart oder Schadenkategorie. Danach kommen moderne Prognosemodelle zum Einsatz, die bei der Entscheidung unterstützen, ob ein Beleg durch Experten manuell geprüft werden muss oder automatisiert freigegeben und reguliert werden kann. Gerade hier lassen sich immense Effizienzvorteile realisieren: Die Praxis zeigt, dass im Durchschnitt etwa 50 Prozent aller Fälle, die heute beim Versicherer eingereicht werden, sogenannte „Gut-Fälle“ sind, bei denen keine Prüfung mehr durch einen Sachbearbeiter erforderlich ist. KI-gestützte Systeme können bei der Erkennung und der effizienten Bearbeitung dieser Fälle unterstützen. Im Ergebnis werden Fachkräfte effizienter eingesetzt und die Bearbeitungszeiten um bis zu 80 Prozent verkürzt. Abschließend kann bei Bedarf eine manuelle Prüfung und Nachbearbeitung durch erfahrene Experten erfolgen, die solche Dokumente prüfen, die keine Dunkelverarbeitung erlauben.
Unabhängig davon, ob Anbieter sich im Rahmen von Smart Claims für einzelne oder mehrere kombinierte Maßnahmen entscheiden: alle Lösungen helfen, den Schadenprozess effizienter, zügiger und kundenzentrierter werden zu lassen und sich damit im Zukunftsmarkt Mobilität einen Wettbewerbsvorsprung zu sichern.
Das Auto wandelt sich vom herkömmlichen Beförderungsmittel zum Datenraum auf vier Rädern. Als Teil eines integrierten Mobilitätssystems werden Fahrzeuge immer stärker automatisiert kommunizieren, Daten erfassen und mit der Umgebung austauschen. Wollen Versicherer im Zukunftsmarkt Connected Mobility weiterhin eine Rolle spielen, müssen auch sie sich bewegen: hin zum digitalen Ökosystem, das ihnen den Zugang zu Technologie- und Expertenwissen sichert und dabei hilft, Schritt für Schritt ihre Prozesse zu optimieren. Ob es gelingt, sich in der digitalen Transformation erfolgreich aufzustellen, wird allerdings vor allem von einer Bedingung abhängen: Letztlich entscheidet der Kunde, welche Anbieter und Services sich durchsetzen werden. Nur wenn Versicherer sich konsequent am Kundenbedürfnis orientieren und einfache und intuitive Prozesse über alle „Touchpoints“ oder Kontaktpunkte hinweg sicherstellen, kann der Schadenfall tatsächlich zum smarten Kundenerlebnis werden. Digitalisierungspartner können dabei maßgeblich unterstützen.
Verfasst von Eucon Group