Donnerstag, 16. Dezember 2021
Herr Krüger, Eucon ist ein Anbieter von Daten- und Prozessintelligenz. Sie bieten digitale Lösungen und Dienstleistungen unter anderem für die Versicherungsbranche. Wie profitieren gerade diese Unternehmen von Künstlicher Intelligenz, Big Data und Co.?
Ganz allgemein gesagt, werden durch die Digitalisierung und die Analyse erhobener Daten Entscheidungsgrundlagen geschaffen, Akteure verbunden und Prozesse beschleunigt. Konkret heißt das zum Beispiel, dass Versicherer mit uns ihr Schadenmanagement automatisieren und ihre Abläufe einfacher und effizienter gestalten. Damit punkten die Unternehmen auch direkt bei ihren Kundinnen und Kunden. Sie können ihren Schadenfall zu jeder Zeit, ganz bequem digital aufnehmen und ersparen sich lästigen Papierkram sowie lange Wartezeiten. Grundsätzlich gilt: Je stärker wir Systeme mit Daten füttern, desto mehr Rückschlüsse und faktenbasierte Entscheidungen sind nach Analyse ebenjener Daten möglich.
So gesehen sind Daten der Treibstoff für digitale Technologien und Geschäftsmodelle von Versicherern?
Das stimmt. Traditionell sind Daten schon immer Kern des Geschäftsmodells von Versicherern gewesen, etwa bei der Berechnung von Risiken und Prämien. Vergleichsweise neu ist hingegen die Nutzung von sehr granularen Daten, zum Beispiel aus dem Schadenprozess. Mit entsprechendem Datenmanagement in dem Bereich wird sichergestellt, dass die richtigen und relevanten Daten kontinuierlich erfasst und strukturiert verarbeitet werden. Versicherungsunternehmen, die beispielsweise Schadendaten analysieren und mit der Entwicklung von Ersatzteilpreisen sowie weiteren externen Daten kombinieren, können die Schadenkosten heute deutlich präziser schätzen als früher. Und diese Erkenntnis lässt sich wiederum einsetzen, um beispielsweise Tarife individueller zu kalkulieren.
Wie sieht das in der Praxis aus? Wo stehen Versicherer aktuell?
Viele Versicherer verfügen schon heute über einen umfangreichen Pool an Daten – ein Großteil hebt diesen Schatz jedoch nicht vollständig. Um Daten zum Beispiel im Schadenprozess gewinnbringend nutzen zu können, benötigen die Unternehmen zunächst einmal eine integrierte und effektive Datenstrategie. Sie ist die Basis, um die gewonnenen Erkenntnisse auch konsequent zur Kundenzentrierung einsetzen zu können.
Eine übergreifende Datenstrategie bricht Silos zwischen verschiedenen Ressorts auf und ermöglicht es, bereichsfremde Use Cases in die eigene Planung zu integrieren. So können beispielsweise die Erhebung und Speicherung möglichst konsistenter Daten im Schadenbereich auch dem Aktuariat und der Reservebildung zugutekommen. Auch kann das aus Schadeninformationen resultierende Wissen wie etwa Crashhäufigkeit, Entwicklung der Schadenkosten, Einfluss von Sensoren auf Schäden und Schadenhöhen zur erweiterten Tarifierung eingesetzt werden.
...und es werden noch mehr Daten...
Nun kommen mit voranschreitender Digitalisierung von Prozessen kontinuierlich neue Daten hinzu. Das ist auch eine echte Herausforderung für Versicherer.
Richtig – aber auch eine enorme Chance. Denn mit diesen neu hinzukommenden Daten gibt es weitere Möglichkeiten, datenbasierte Entscheidungen auszubauen, zu verbessern und dynamischer zu gestalten. Schon jetzt zeigt sich, dass sogenannte Best-in-Class-Unternehmen ihre Entscheidungen sehr viel schneller und fundierter treffen als Wettbewerber, die ihre Daten nicht so gut beherrschen. Das wirkt sich wiederum positiv auf die Profitabilität und Kundenzufriedenheit der Vorreiter aus. Somit optimiert eine übergreifende Datenstrategie nicht nur einzelne Prozesse. Sie schafft vielmehr Synergien und richtet zum Beispiel auch Marketing und Vertrieb insgesamt zielgenauer und effektiver aus.
Wie sieht die Zukunft aus, Herr Krüger? Welche Trends sehen Sie in den kommenden Jahren in Sachen Data Analytics und smarter Produkte und Services?
Versicherer müssen ihr Kernprodukt als Datenschatz begreifen und entlang dieses Denkens Daten und deren gewinnbringende Nutzung strategisch in den Mittelpunkt stellen. Mit dem aus Daten gewonnenen Wissen werden datengesteuerte Versicherungsunternehmen neue Geschäftsmodelle entwickeln und ihr Angebot immer besser auf die Bedürfnisse von Kundinnen und Kunden ausrichten. Schon heute sehen wir zukunftsweisende Produkte und Services in der Anwendung – sowohl für den B2B- als auch für den B2C-Bereich. Die intelligente Nutzung von Daten hilft zum Beispiel, Schäden gar nicht erst entstehen zu lassen. Ob zu Hause oder unterwegs: Intelligente Systeme in Auto und Gebäude sowie Apps sammeln ständig Daten aus dem Umfeld von Versicherten und tauschen diese miteinander aus. So können die Technologien bei lauernden Gefahren Alarm schlagen und Schäden abgewendet werden, bevor sie eintreten. Smart Home ist hier ein großes Stichwort, Telematik ein weiteres.
In der Zukunft wird es für Unternehmen wichtig sein, die komplette Klaviatur – Daten, Technologie, digitale Services und Know-how – zu beherrschen und all das aufeinander abzustimmen. Dann können Versicherer eine überragende Customer Experience schaffen, wie wir sie von Big Techs kennen, und Versicherte langfristig an sich binden.
Erstveröffentlichung in der vb Versicherungsbetriebe vom 14.12.2021
Verfasst von Eucon Group